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Sonja Lorenz

Dipl. Psychologin &

Systemischer Coach

 

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Ein Gedankenspiel zum Umgang mit erkrankten Menschen

Eine Kinderhand auf der eines Erwachsenen: Gedanken zum erkrankten Vater
Ein Gedankenspiel zum Umgang mit erkrankten Elternteilen

Bild: liane metzler I unsplash

 

 

Vor einer Weile erzählte mir eine Freundin von einer Bekannten, die energetisch eine Erkrankung ihres Vaters aufgearbeitet hat. In Meditationen hätte sie sich vorgestellt, was sie mit ihrem Vater unternehmen würde, wenn ihr Vater nicht erkrankt wäre. Und da macht es bei mir „klick“. 
 
Mein Vater war alkoholabhängig. Er trank täglich seine „Feierabend“-Biere. Auf Familienfeiern deutlich mehr bzw. zu viel. Und ich vermute, auch sonst kam im Alltag noch Alkohol hinzu, den er eher „heimlich“ konsumierte. Dazu kamen viel Kaffee und starkes Rauchen. Gesund geht anders.
 
Vor einigen Jahren erkrankte er an Krebs, wurde einige Jahre nach der Diagnose ein Pflegefall und verstarb mit Anfang 60. 
 
Was, wenn ich mir vorstelle, mein Vater wäre nicht erkrankt?
 
Ich habe meinem Vater schon vor einer Weile „vergeben“ für die Vernachlässigung – von sich und seinem Umfeld – die seine Alkohol-Erkrankung mit sich gebracht hat. Ich habe verstanden, dass er nicht anders konnte. Ich denke, er ist selbst „am Leben zerbrochen“. Und ich kannte es nicht anders. 
 
Natürlich war es nicht schön, als er erkrankte, als er ein Pflegefall wurde und war. Und natürlich war es nicht schön, als er verstarb. Aber er fehlt mir nicht als Vater, da er auch zu Lebzeiten kaum als Vater da war oder agiert hat. Jedenfalls nicht so, wie ich es mir gewünscht und wie ich es als Kind und Jugendliche gebraucht hätte. Und wie gesagt, ich denke, er konnte nicht anders. Kein Vorwurf (mehr), kein Groll, sondern Verständnis und auch Mitleid. 
 
Und trotzdem macht es „klick“ und es trifft mich emotional, als meine Freundin von dem Gedankenspiel erzählt. Es trifft mich, dass mein Vater nie als gesunder Mensch da war. Dass er nicht der Vater war, der er gesund hätte sein können. Dass ich nicht das Kind eines gesunden Vaters war. Dass mir in dem Moment bewusst wird und ich fühle, welche Chancen wir verpasst haben. Welche Chance, uns anders kennenzulernen und das Leben anders miteinander zu teilen. Und wie sehr ich das gewünscht und vielleicht auch gebraucht hätte. Ich sehe meinen Vater vor mir, gesund, aktiv und zugewandt. Und das ist ein Bild, das so schön ist, und so weit weg von der erlebten Realität, dass es mir die Tränen in die Augen treibt. Ich hätte es ihm sehr gewünscht; ich hätte es mir und uns sehr gewünscht. Und auch das darf sein. Traurigkeit schließt Verständnis nicht aus. Verständnis schließt Traurigkeit nicht aus. 
 
🔹 Gibt es in deinem Umfeld jemanden, der erkrankt ist, psychisch oder physisch?
 
🔹 Was, wenn du dir einen geliebten Menschen vorstellst als gesunden, liebenden, zugewandten Menschen?
 
🔹 Was verändert dieses Bild für dich?
 
🔹 Was kannst du aus diesem Bild für dich mitnehmen in den Kontakt zu diesem Menschen?
 
 
Ich habe übrigens selbst einige Aufstellungen gemacht und die Verbindung mit meinem Vater hat sich darin und dadurch, auch nach seinem Tod, für mich verändert und verbessert. In Aufstellungen lassen sich Beziehungen oft systemisch betrachten und klären und das auf eine geschützte Weise, die manchmal „im wahren Leben“ kaum oder nicht mehr möglich ist. Falls du dich in diesen Themen wiederfindest, ist dies vielleicht auch für dich ein Weg.
 
Deine Sonja